Rolfing

Die Rolfing-Methode eröffnet die Möglichkeit, unseren Körper besser kennenzulernen und ihn tatsächlich zu bewohnen. Häufig hindert uns die Lebensweise daran, unseren Körper in seiner Fülle und Tiefe wahrzunehmen. Einer der üblichen Bürojobs kann im Widerspruch zu unserer natürlichen Lust an Bewegung stehen.

Moderne Lebensweise
Workspace
Weg zum Büro

Viele Menschen haben den Bezug zu ihren Beinen verloren, da Hände und andere Sinnesorgane, allen voran die Augen, mehr und mehr an Bedeutung gewonnen haben, z.B. dann, wenn wir über längere Zeit auf kleine Bildschirme schauen. Wie wir die Welt durch unsere Sinne wahrnehmen, gefiltert und interpretiert von dem Verstand, so erschließt sich unsere Realität. Wir neigen aus Gewohnheit dazu, oftmals die gleichen, neuronalen Informationswege zu benutzen bis diese zu eingefahrenen Spuren im Gehirn werden, und die kleinen Pfade, die wir beispielsweise mit unseren hoch empfindungsfähigen Füßen zurücklegen könnten, werden vergessen.

Nerven
Im Sand laufen

Rolfing-Sitzungen verhelfen nicht nur dazu, schmerzfrei und elastisch zu werden, sondern bergen auch das Potential für Persönlichkeitsentwicklung und Verständnis für den eigenen Körper. ROLFING® ist ein Zugang zu „Embodiment“, verkörpertem Wissen. Das können wir erreichen, indem wir die Beziehung unseres Körpers zur Schwerkraft verstehen. Um aufrecht zu stehen, müssen wir uns der Schwerkraft widersetzen. Dazu brauchen wir eine gewisse Spannung im Körper, sonst würden wir zusammensinken. Unsere Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien, aber auch verschiedene Druckverhältnisse im Körper können diese Spannung erzeugen. Im Idealfall halten uns die tiefst gelegenen Muskel- und Bindegewebeschichten beim Stehen stabil und standfest und lassen den äußeren Schichten Freiheit zur Bewegung.

Muskeln
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Schwerkraft

Wir können Inspiration aus der Beobachtung von Raubkatzen ziehen: sie scheinen das richtige Verhältnis von Geschmeidigkeit und Schnellkraft in der Bewegung zu haben, wissen aber auch um die Vorzüge von energiesparendem Faulenzen und genüsslichem Strecken. Integrität in unserem Körper entsteht, wenn wir die Kräfte, die uns zu Boden ziehen, mit den Kräften in Einklang bringen, die uns anspornen, uns frei in den Raum zu erheben. Außerdem strebt ein Rolfer an, die Kräfte, die von unserer Umwelt auf uns einwirken, mit den Kräften in unserem Inneren in Beziehung zu setzen. Unser aufrechter Gang schenkt uns viele Vorzüge wie die der Freiheiten unserer Hände und Arme, die nicht länger zur Fortbewegung gebraucht werden, entblößt aber auch unsere empfindungsfähige Vorderseite und macht uns damit verletzlicher, wenn uns Trauriges widerfährt oder wir Angst haben. Ein Körper, der Angst hat, nimmt eine schützende Haltung ein. Die Hüften und Fußgelenke beugen sich. Wir schützen unsere Organe. Diese Schutzhaltung ist bzw. war wichtig, um in Sekundenschnelle entscheiden zu können, ob es ein Überlebensvorteil ist, wegzurennen oder zu kämpfen. Diese Anspannung wirkt wie die Vorspannung einer Feder, die hilft, sich für ein bevorstehendes Flucht- oder Kampf-Szenario bereit zu machen. Eine dritte Möglichkeit ist das Erstarren, was der Strategie vieler Menschen beim Bewältigen von Stressoren in der heutigen Zeit entspricht. Abwehrende Haltungen oder das Aufrechterhalten einer Fassade können unseren Körper nicht nur schützen, sondern auch verformen. Druck und Anspannung verursachen Kompression im Körper. Faszien ziehen sich bei Stress zusammen. Sie können verhärten und verkleben. Ihr Verlust an Gleitfähigkeit verändert nach und nach den Druck und die Elastizität in unseren Geweben und Eingeweiden.

Fight and Flight
Angst

Wenn wir Haltung als Potential für Aktion verstehen, ist es einleuchtend, eine möglichst neutrale Körperhaltung anzustreben, um damit unseren Handlungsspielraum möglichst groß zu halten. Ein Körper mit dauerhaft zusammengesunkener Brust und schützend vorgezogenen Schultern hat Schwierigkeiten damit, aufkommende Freude oder Vergnügen auszudrücken, denn das ist häufig mit einer Öffnung des Herzraums verbunden. Einen Schauspieler mit derartig eingeschränkter Ausdrucksmöglichkeit würden wir womöglich für unglaubwürdig halten. Intuitiv nehmen wir wahr, dass die verschlossene Körpersprache und der Ausbruch von Freude nicht kongruent sind. Indem wir unseren Körper mit der Schwerkraft austarieren und eine neutrale Ausrichtung im Raum finden, haben wir das volle Potential für Bewegung und emotionale Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung. Das wird im ROLFING® angestrebt.

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Rolfing und Psyche

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“Die Zeit der Gurus ist vorbei!”